Nicht ohne meine Gitarre
18. September 2018 | Holger NiemannSonntag, 9.9.2018 Nicht ohne meine Gitarre
Attila Vural im Roten Pavillon
Eine Elmshorn-Premiere: Attila Vural ist unter Gitarristen natürlich eine feste Größe. In Elmshorn war er bisher aber noch nicht. Entsprechend gespannt war unser Publikum im vollbesetzten Roten Pavillon, als Attila Vural seinen Elmshorner Auftritt mit „Painting a Reverie“ begann und dabei auf seine Konzertgitarre vertraute – und auf seine bemerkenswerte Fingerfertigkeit. Nun wäre einzuwenden, dass doch jeder Gitarrist mit flinken Fingern unterwegs sein muss. Allerding ist es bei Attila Vural schon schwierig mit dem Auge zu verfolgen, was die Hände und besonders die Finger tun. Eingebettet in eine groovige Bassbegleitung sind verschiedene Melodien zu hören, die wiederum von anderen musikalischen Einwürfen unterbrochen werden. Zeitweise meint das Ohr 3 verschiedene Instrumente zu hören. Daher schon beim ersten Song andächtiges Staunen bis zum Schlussakkord.
Viele Gitarristen bewegen die Gitarre nach dem finalen Griff und „schütteln“
quasi noch den letzten Ton aus dem Korpus. Ganz anders bei Attila Vural:
Der dreht die Gitarre und streicht dann zärtlich über deren Rückseite und
entlockt ihr dabei einen Ton oder Schlussakkord,
ABER: Wie macht er das ??
Ich konnte es nicht lösen und habe bis zum Ende immer wieder gestaunt.
Es folgte „Salagnon Island“ von seiner CD „Encounters at the Riviera“ ein eher ruhiges Gitarrenstück, bei dem er die Saiten nicht nur anschlägt, sondern auch drüber streicht und kratzt. Fast meint man im Hintergrund Grillen zirpen zu hören, aber alles macht dieser großartige Musiker.
Bei „Shawn & Chocolate“ dann wird die Gitarre zum Multi-Instrument. Attila schlägt die Saiten kaum, sondern klopft Rhythmus und Melodie aus der Gitarre. Immer wieder wird der Korpus zum Bongo umfunktioniert und tatsächlich alle Seiten des Korpus klangmäßig eingesetzt. Zwischendrin ruhen die Saiten auf seinem Schoß und werden dort hin- und her bewegt. Lachen und ungläubiges Kopfschütteln im Publikum. Was so alles am Instrument klingen kann. Das ist erst die Konzertgitarre. Sehnsüchtig linsen die Besucher nach dem anderen Instrument.
Das ist eine doppelhalsige Gitarre, die immer noch unberührt daneben steht. Sie wird erst nach der Pause zum Einsatz kommen. Wie Attila Vural später erklärt, handelt es sich um eine Spezialanfertigung, die er jüngst in der Pfalz entgegennehmen durfte. Er hat sie erst seit 14 Tagen und ist mit ihr im wahrsten Sinne noch auf Jungfernfahrt. Neben dem klassisch anmutenden Hauptgriffbrett gibt es noch einen zweiten kürzeren und schmaleren Hals, der höher gestimmt ist und klanglich an eine Ukulele erinnert. Beide werden für sich, aber auch gemeinsam gespielt. 15 Saiten, die zum Klingen und Swingen gebracht werden. Das Geheimnis der jeweils 7. Saite ist schnell geklärt: Die D-Saite ist einfach gedoppelt. Ach so.
Neben vielen eigenen Kompositionen hat Attila Vural aber auch noch einige Klassiker mitgebracht. Bei „Sound of Silence“, „Samba Pa Ti“, oder „Fragile“ von Sting läuft im Kopf immer die bekannte Melodie und manchmal der Text mit. Und Fuß, Hand oder Kopf werden fast automatisch immer mit bewegt, eher mitgerissen, erst recht bei „Dock of the Bay“ von Otis Redding. Attila Vural lässt den Pavillon und die Zuhörer vor der Tür immer wieder staunen, wie er das macht. Sogar die Wildenten auf dem Teich spielen mit und quäken immer wieder dazwischen, aber durchaus an den passenden Stellen wie er hinterher lächelnd beteuert.
Ein Konzert, bei dem mir mein Zeitgefühl vor Faszination abhandenkam. Was, schon 90 Minuten ? Er fing doch gerade erst an… Großer und langanhaltender Applaus für einen ganz großartigen Musiker. Hoffentlich kommt er noch einmal wieder !!
Holger Niemann
Der Rote Pavillon – Elmshorns kleinste Bühne
immer wieder neue Sounds !